Woran arbeiten Sie aktuell—und was reizt oder fordert Sie daran besonders?
Wir stecken gerade in den Vorbereitungen für die Einzelausstellung von Jordan Strafer, die am 10 SEP 2025 bei Fluentum eröffnet. Dabei werden einerseits bestehende Arbeiten der Künstlerin gezeigt, aber auch eine neue produziert, und zwar live während der Eröffnung! Der Ausstellungsraum wird dafür in ein surreales Talkshow-Set der 1990er Jahre verwandelt und der New Yorker Schauspieler Jim Fletcher spielt live vor Publikum. Ich freue mich schon sehr auf diesen Abend, aber natürlich ist der Live-Dreh auch eine Herausforderung, weil er viele unvorhersehbare Momente mit sich bringen wird.
Gibt es ein tägliches Ritual, das Ihnen Struktur oder Inspiration gibt?
Neben den U-Bahnfahrten vor allem gemeinsame Mahlzeiten. Meistens steht mein Freund etwas früher auf, um mit mir zu frühstücken und mit meinem Team bei Fluentum kochen und essen wir fast jeden Tag zusammen zu Mittag.
Welche Musik begleitet Sie, wenn Sie sich fokussieren oder in Ihr kreatives Schaffen zurückfinden möchten?
Auf dem Weg zur Arbeit habe ich heute mal wieder das Album ›Dots and Loops‹ von Stereolab gehört. Konzentrieren kann ich mich aber besser ohne Musik.
Gab es ein Buch, das Ihre Sichtweise nachhaltig verändert hat—und warum würden Sie es weiterempfehlen?
Es ist schwer nur eines zu nennen. Ich habe Ende letztes Jahr ›On and Off-Screen Imaginaries‹ von Tiffany Sia gelesen, über das ich immer noch nachdenke. Der Band versammelt sechs Essays, die im Zusammenhang mit den Hong Konger Protesten im Jahr 2019—2020 entstanden sind, aber weit über den dortigen politischen Konflikt hinausweisen. Sia beschreibt, wie Filmemacher*innen im Zeitalter von Überwachung und Repression ein neues dokumentarisches Vokabular herausbilden und richtet ihren Blick auf die Bildwelten und politischen Narrative des Kalten Kriegs, der auch heute noch mehrere internationale Fronten zu haben scheint.
Schon länger begleiten mich außerdem die Texte von Ronald Schernikau, vor allem ›Die Tage in L.‹ von 1988 und posthum veröffentlichte Essaysammlung ›Die Königin im Dreck‹. Schernikau hat sowohl die BRD als auch die DDR erlebt und sehr klug und mit schwulem Humor über die Widersprüche in beiden Staaten geschrieben, aber auch großartige Reportagen und Essays über Themen wie HIV/AIDS, DDR-Schlager und Andy Warhol verfasst. Ich hoffe sehr, dass seine Bücher eines Tages ins Englische übersetzt werden.
Welches Kunstwerk hätten Sie gern bei sich zu Hause?
Viele meiner Lieblingskunstwerke sind eher nicht für eine Wohnung geeignet, aber das Gemälde ›Radieuse‹ von Jana Euler, das zwei Kamele vor der Cité Radieuse in Marseille zeigt, würde mir sehr gut gefallen. Oder eine kleine Skulptur von Olga Balema, Phung-Tien Phan oder Henrik Olesen.
Welcher Ausstellungsort in Berlin inspiriert Sie?
Seit meiner Rückkehr nach Berlin im Dezember habe ich besonders die Ausstellungshäuser im Westen der Stadt wiederentdeckt. Neben dem Haus am Waldsee gefallen mir auch das Georg Kolbe Museum und das Brücke-Museum sehr gut. Ansonsten freue ich mich immer wieder über die Ausstellungen in Berlins Off-Spaces wie The Wig, Scheusal und Scherben. Der Raum After in der Köpenicker Straße präsentiert ca. sechs Monate im Jahr Soundarbeiten und experimentelle Musik und auch die von Olaf Stüber kuratierte Reihe ›Videoart at Midnight‹ im Babylon Kino in Mitte hat ein tolles Programm.
Gibt es einen Gegenstand, der Sie begleitet und ein Stück Ihrer Identität widerspiegelt?
Ich hoffe nicht.
Was motiviert Sie, auch in Momenten des Zweifelns weiterzumachen?
Meistens reicht es schon, Social Media auszuschalten und mit Menschen zu sprechen, die mich wirklich kennen.
Mit welcher Persönlichkeit würden Sie gern ein Gespräch führen—und worüber würden Sie sprechen?
Ich hätte wirklich gerne mal mit René Pollesch über seine Stücke gesprochen.