Woran arbeiten Sie aktuell—und was reizt oder fordert Sie daran besonders?
Wir sind vor knapp einem Jahr in die neuen Räume auf der Kantstraße gezogen—mit großem Fenster und Zugang zur Straße. Seither haben sich auch unsere Ausstellungen derart geändert, dass wir noch ortsspezifischer und installativer arbeiten, um auch in Kontakt mit der Straße zu treten. Anfang des Jahres hatten wir Ivana Vladislava ausgestellt und die ganze Galerie mit Leopardenmuster tapeziert. Es sah eigentlich aus wie ein Club oder wie eine Art Underground-Fläche. Ich muss ehrlich sagen, ich hatte ein bisschen Bammel vor der Eröffnung, wie alles ankommen wird, weil es so weit von dem entfernt ist, was wir bislang gemacht hatten. Aber im Nachhinein hat sich die Sorge gar nicht bestätigt—im Gegenteil: Es war ein großer Erfolg und eine der meistbesuchtesten Ausstellungen. Die Ausstellung ging viral und hat mehrere Millionen Menschen auf der ganzen Welt erreicht. In dieser Folge freue ich mich nun besonders auf eine neue immersive Ausstellungsformation von Meo Wulf, die wir im September zeigen werden. Sie wird sowohl die Wandfläche prominent bespielen—mit einer großen Installation aus 200 gerahmten Werken—als auch den Galerieraum performativ aktivieren.
Gibt es ein tägliches Ritual, das Ihnen Struktur oder Inspiration gibt?
Ich habe seit zwei Monaten eine kleine Pudeldame namens Trudi. Sie bestimmt meinen Morgen maßgeblich und auch meine Routinen. Ich habe immer gedacht: Ein Hund—das ist im Falle der Selbstständigkeit und wenn man ein Unternehmen führt—unmöglich. Aber es lässt sich eigentlich sehr gut integrieren, und ich kann das nur jedem empfehlen.
Welche Musik begleitet Sie, wenn Sie sich fokussieren oder in Ihr kreatives Schaffen zurückfinden möchten?
Da ich aus einer Musiker*innenfamilie komme, spielt Musik immer eine wichtige Rolle. Ein Album, auf das ich mich immer wieder gerne einlasse und mich zurückziehe oder mich anregen lasse, ist ›The Dark Side of the Moon‹ von Pink Floyd. Wahrscheinlich gefällt mir deshalb auch das neue Album von Miley Cyrus—›Something Beautiful‹—ganz gut, weil es ein Konzeptalbum ist, das sicherlich von Pink Floyd inspiriert ist. Es hat auch chorische Elemente und arbeitet mit bestimmten Frequenzen, die einen auf natürliche Art ein bisschen high werden lassen.
Gab es ein Buch, das Ihre Sichtweise nachhaltig verändert hat—und warum würden Sie es weiterempfehlen?
Ich habe neben der Kunstgeschichte und der Betriebswirtschaft auch neuere deutsche Literatur studiert. Und ein Autor, der mich immer wieder nachhaltig über Literatur und Sprache hat reflektieren lassen, ist Robert Musil. Ganz besonders seine kurze Erzählung ›Die Amsel‹, in der ja eigentlich die Frage nach dem Erzählen gestellt wird: Wer erzählt wem eine Geschichte? Und welche Rolle spielt dabei der sogenannte ›andere Zustand‹? Auch ein Thema in Robert Musils ›Der Mann ohne Eigenschaften‹. Es geht um einen besonderen Wahrnehmungszustand, in dem die Welt künstlerisch erlebt oder interpretiert werden kann.
Welches Kunstwerk hätten Sie gern bei sich zu Hause?
Da musste ich jetzt eine Weile über meine Antwort nachdenken, weil es doch so viele Werke gibt, die ich nicht unbedingt besitzen möchte, aber die ich mir gerne eine längere Zeit mal anschauen würde—und gerne von allen Seiten betrachten. Deswegen denke ich gerade an eine Skulptur von Michelangelo: den Bacchus. Bacchus ist der Weingott der griechischen Mythologie, und Michelangelo stellt ihn in der Skulptur in einer Bewegung dar, als würde er taumeln—als ob er zu viel Wein getrunken hätte. Durch diese taumelnde Bewegung dreht sich sein Körper spiralförmig, was zu einer sogenannten Figura Serpentinata führt—einer Kompositionsform, die den Körper aus allen Blickwinkeln interessant macht. Das hat mich schon als Student fasziniert. Ich hätte schon einen hervorragenden Platz bei mir im Wohnzimmer. 🙂
Welcher Ausstellungsort in Berlin inspiriert Sie?
Das wohl beeindruckendste Museum—und auch Museumsgebäude—ist die Neue Nationalgalerie, die Mies van der Rohe gebaut hat. Sie ist auch städtebaulich interessant positioniert. Sei es, dass ich mit dem Fahrrad an ihr vorbeifahre, bei Wechselausstellungen im Museum bin oder mir die permanente Sammlung der klassischen Moderne anschaue—es ist ein fantastisches Museum.
Gibt es einen Gegenstand, der Sie begleitet und ein Stück Ihrer Identität widerspiegelt?
Nach dem Umzug von Frankfurt nach Berlin in meine erste eigene Wohnung hat mir meine Mutter einen Tulip-Sarinentisch geschenkt, mit einer wunderschönen Marmorplatte. An dem Tisch saß ich schon im Haus meines Großvaters, der ihn dann an meine Mutter gegeben hat, die ihn nun mir gegeben hat. Ja, es ist nicht nur ein schönes Design-Piece, sondern auch ein Ort der Familie. Ich koche gerne, esse gerne und habe gerne Gäste—und arbeite aber auch an dem Tisch. Es wurde schon wild diskutiert, ein wunderbares Familienerbstück, das mich jetzt hier in Berlin begleitet.
Was motiviert Sie, auch in Momenten des Zweifelns weiterzumachen?
Abwarten ist ganz gut, geduldig sein und Entscheidungen durchziehen, auch wenn man daran zweifelt. Oftmals sind die Zweifel unberechtigt oder übertrieben.