Sally von Rosen

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Sally von Rosen, Foto: Rebecca Eskilsson

Sally von Rosen über ihre aktuelle Buslektüre, kopflose Wesen und Tee im Studio // Sally von Rosen über ihre aktuelle Buslektüre, grüne Flüsse und Tee im Studio

Woran arbeiten Sie gerade?
Ich bin gerade dabei, 60 Skulpturen abzuschließen, eigentlich 57 kopflose Wesen, die zu einer Installation oder einem Körper werden, und drei Säulen, die insgesamt aus 57 einzelnen Teilen oder Beinen bestehen. Diese Arbeiten sind für meine bevorstehende Einzelausstellung in der Trauma Bar und Kino, kuratiert von Madalina Stanescu and Juliet Kothe, die am 16 SEP während der diesjährigen Berlin Art Week eröffnet wird.

Was lesen oder hören Sie gerade?
Ich habe nicht so viel Zeit zu lesen, aber wenn ich mal den Bus statt das Fahrrad ins Atelier nehme, dann ist es aktuell ›Everybody: A book about freedom‹ von Olivia Laing, oder ich wechsle zu ›Waiting for Godot‹ von Samuel Beckett, das lese ich gerade wieder. Im Atelier höre ich alles, was mein*e Assistent*in auflegt.

Was braucht es für gute Kunstvermittlung?
Das Kunstwerk muss für sich selbst sprechen, und im Gegenzug muss die Kunstvermittler*in ihre Recherche ordentlich gemacht haben.

Haben Sie ein Lieblingsgebäude?
Nein, aber es gibt Gebäude, die mir nicht aus dem Kopf gehen und zu denen ich immer wieder zurückkehre, allerdings passiert das, während ich schlafe und träume. Eines ist ein ein wenig runtergekommenes Gebäude, wo alles grau ist, und eine Villa mit hellen verschwommenen Farben, wo es auch einen grünen Fluss gibt. Wenn ich andere Städte besuche, gehe ich gern in alle Kirchen, aber nicht aus geistlichen Gründen.

Wen würden Sie gerne einmal kennenlernen?
Es gibt viele Menschen, die ich gerne kennenlernen würde, wenn ich mehr Zeit hätte. Ich denke schon seit einer ganzen Weile über Eva Hesse nach, und wenn ich mich für einen Menschen entscheiden müsste, dann wäre es vielleicht sie. Ich weiß gar nicht, ob ich sie wirklich kennenlernen muss, aber ich würde gern eine ihrer letzten Ausstellungen vor ihrem Tod sehen, in den 1960ern, und die Entwicklung des Minimalismus und Post-Minimalismus in New York, und sie da irgendwo zufällig treffen.

Haben Sie ein tägliches Ritual?
Es gibt keine regelmäßigen Rituale, es geht mehr um Disziplin. Ein Tag während einer intensiven Produktionsphase kann so aussehen: um sieben aufwachen, konzentriertes Koffein und grünen Tee trinken, während ich zu Hause am Computer arbeite. Ich komme spätestens um 11:30 Uhr ins Atelier und arbeite Arbeit an den Skulpturen und esse oder trinke alle zwei bis drei Stunden etwas, und verlasse dann das Atelier zwischen 20:00 und 21:00 Uhr, je nachdem, wie gut der Tag gelaufen ist. Ich gehe nie, bevor das Tagesziel erreicht ist.

Welcher Gegenstand darf nicht fehlen?
Da fällt mir nichts ein, ich wäre lieber ohne alles und würde ein fast asketisches Leben mit so wenigen Gegenständen wie möglich führen. Allerdings kann ich darüber gar nicht nachdenken, so wie ich meine Kunst mache, aber ich denke, mir gefällt dieser Widerspruch, weil ich das auch nicht ändern kann oder will.

Was ist Nachhaltigkeit für Sie?
Es ist eine Form der individuellen Haltung, die alle haben müssen – das ernst zu nehmen.

Was wünschen Sie sich für Berlins Kunst- und Kulturlandschaft?
Mehr Möglichkeiten, immer, auf jede Art, die gebraucht wird.

Was machen Sie nach getaner Arbeit?
Ich denke über eine Post-Produktions-Melancholie nach und fange dann natürlich das nächste Kunstwerk an, da ist immer etwas in der Warteschlange, und die Schlange ist unendlich lang.