Larger Daf without Skin, 2023 © Cevdet Erek. Courtesy the artist and neugerriemschneider, Berlin. Photo: Barış Özçetin

Cevdet Erek—In Circulation


Wir freuen uns, auf Cevdet Ereks erste Einzelausstellung bei neugerriemschneider aufmerksam zu machen, die zur Berlin Art Week und Herbstausgabe des Gallery Weekend Berlin am Standort Linienstraße eröffnet. Erek setzt sich mit den vielfältigen Schnittstellen zwischen Klang, Raum, Wahrnehmung, Rezeption und Zeit auseinander. Diese lotet er in ortsbezogenen Installationen und Soundarbeiten gleichsam rhythmisch aus, wobei er seine umfassenden Erfahrungen als Architekt, Musiker und Sounddesigner einbringt. in circulation präsentiert konzentrierte skulpturale Reflexionen über Klang als gelebte Empfindung und ihre physischen Manifestationen.

Die drei Arbeiten Daf without Skin (2021), Larger Daf without Skin (2023) und Ruler Daf without Skin (2021) haben ihren Ursprung in Ereks langjähriger Tätigkeit als Perkussionist und dem daraus resultierenden tiefen Gespür für Instrumente, ihre Verwendung und Beschaffenheit. Die in Zusammenarbeit mit dem Instrumentenbauer Sami Hosseini entwickelten Werke beziehen sich auf die gleichnamige Rahmentrommel. Am Körper sanft in der Hand gehalten, entsteht das charakteristische Rascheln der Daf durch Metallringe, welche auf die gespannte Membran treffen, wenn das Instrument bewegt oder angeschlagen wird. Ereks Arbeiten variieren diese Technik; sie haben kein Trommelfell und sind an einer kaum sichtbaren Schnur aufgehängt, wodurch die Verbindung zwischen Geräusch und Bewegung sowie Aktion und Interaktion neu ausbalanciert wird. Daf without Skin und ihr vergrößertes Pendant Larger Daf without Skin behalten die kreisrunde Form des Vorbilds bei und erinnern, vermeintlich schwebend, an Nimbusse, die darauf warten, getragen zu werden. Beim Spielen richten sich die Klänge der modifizierten Trommeln auf die Person in ihrem jeweiligen Zentrum. Ruler Daf without Skin begradigt den hölzernen Rahmen der Daf und übersetzt damit bildlich zyklische Zeit in lineare. Ihre Metallringe fungieren als Markierungen entlang einer kryptischen Skala oder Aufzeichnungen einer neuartigen Zeitnotation.

The Mother Ear (2023), die erste figurative Skulptur in Ereks Werk, das vor allem von Soundlandschaften, Environments und ihren Objekten geprägt ist, basiert auf einem aus Silikon geformten Porträt seiner Mutter. Die unter anderem von antiken Reliefs, dadaistischen Assemblagen und zeitgenössischen Animatronic-Arbeiten beeinflusste, monochrom gehaltene Figur trägt binaurale Mikrofone in den Ohren. Damit spielt sie auf den sogenannten Kunstkopf an, der für die Erzeugung räumlicher Klangerlebnisse eingesetzt wird - akustische Immersion, die auf der anatomischen Ähnlichkeit zwischen den Hörenden und der für die Aufnahme verwendeten Kopfnachbildung beruht. Während letztere in der Regel frei von individuellen Merkmalen ist, wurde The Mother Ear als berührende Hommage nach dem Erscheinungsbild - und der Hörerfahrung - einer bestimmten Person gestaltet. Die Skulptur wiegt ihren Kopf rhythmisch wie zu einem stummen Takt, unwillkürliche Zuckungen lassen indessen auf einen neurologischen Reflex schließen. Diese Bewegungen wurden zuvor von Erek ausgeführt und aufgezeichnet, sodass Porträtist und Porträtierte in dem Werk miteinander verschmelzen. Im angrenzenden Raum befindet sich eine Soundbibliothek mit neuen Klangarbeiten des Künstlers, die mit The Mother Ear und den drei Daf without Skin-Skulpturen in Beziehung stehen.

Werke von Cevdet Erek (geb. 1974) wurden in Einzelausstellungen internationaler Museen und Institutionen gezeigt, darunter Hamburger Bahnhof – Museum für Gegenwart, Berlin (2019); Art Institute of Chicago, Chicago (2019); Ruhrtriennale, Bochum (2019); Museum van Hedendaagse Kunst, Antwerpen (2018); Museo Universitario Arte Contemporáneo, Mexiko-Stadt (2017); Türkischer Pavillion, 57. Biennale von Venedig, Venedig (2017); Spike Island Artspace, Bristol (2014) und Kunsthalle Basel, Basel (2012). Darüber hinaus nahm der Künstler an der Manifesta 14, Pristina (2022); der 7. Singapore Biennale, Singapur (2022); der 11. Shanghai Biennale, Shanghai (2016); der 20. Biennale of Sydney, Sydney (2016); der 14. Istanbul Biennial, Istanbul (2015); der 5. Marrakech Biennale, Marrakesch (2014); der Sharjah Biennial 11, Schardscha (2013); der 7. Asia Pacific Triennial of Contemporary Art, Brisbane (2012) und der dOCUMENTA (13), Kassel (2012) teil. Erek lebt und arbeitet in Istanbul.

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