Die Berlin Art Week legt dieses Jahr ein besonderes Augenmerk auf das Vermittlungsprogramm. Was ist anders als die Jahre zuvor?
Zunächst einmal muss man festhalten, dass viele unserer Partnerinstitutionen tolle eigene Vermittlungsprogramme anbieten. Die Berlin Art Week hat in den vergangenen Jahren zusätzlich in Kooperation mit Akteur*innen Touren mit einem besonderen Fokus angeboten—etwa zu verschiedenen Galerien oder Projekträumen. Zudem haben wir Kieztouren entwickelt, durch die man auf eigene Faust die Orte zeitgenössischer Kunst erkunden kann. In diesem Jahr haben wir, gefördert durch die Senatsverwaltung für Kultur und Europa, die Möglichkeit, die Vermittlung zur Berlin Art Week weiter zu stärken. Beispielsweise bieten wir nun erstmals Überblickstouren zu verschiedenen Partnern an, in denen Besucher*innen auch ohne Vorwissen in die verschiedenen Programme eintauchen können.
Ist jenseits dieser erweiterten Tourangebote noch etwas anderes geplant?
Oh ja! Zur diesjährigen zehnten Ausgabe der Berlin Art Week werden wir erstmalig einen gemeinsamen Ort haben, der als konkreter Anlaufpunkt fungiert. Auf dem Gelände des Kindl—Zentrum für zeitgenössische Kunst im Neuköllner Rollbergkiez entsteht gerade der ›BAW Garten‹. Der Garten soll ein Ort der Begegnung werden, an dem zum einen ein spezifisches Vermittlungs- und Veranstaltungsprogramm stattfindet, zum anderen aber auch Interessierte vorbeikommen und sich über die Berlin Art Week und das dort Gebotene informieren können. Wir wollen die Leute einladen und neugierig machen auf das, was passiert.
Wie hat man sich das Programm im ›BAW Garten‹ konkret vorzustellen?
Wir beginnen mit offenen Formaten, etwa einem kleinen Frühsportprogramm ab neun Uhr morgens, dann kommen Workshops dazu, die wir gemeinsam mit dem Museumsdienst Berlin und Partnerinstitutionen anbieten. Mittags gibt es ein Format namens ›Pausenbrot‹, konzipiert vom Koch und Künstler Caique Tizzi, nachmittags zieht sich eine Performance-Reihe durch die Woche, die den Ort durch Klang und Körper erkundet, und ein kleines Gesprächsformat mit dem Performance-Kollektiv Gob Squad bietet jungen Künstler*innen eine Bühne. Wir wollen hier aber keine Formate wiederholen, die die Institutionen bereits selbst anbieten. Es geht eher darum, zusätzlich Angebote für Menschen zu schaffen, die vielleicht noch nie mit der Berlin Art Week in Berührung gekommen sind. Alle Programme sind kostenfrei und finden open air statt, wenn das Wetter es zulässt. So kann der ›BAW Garten‹ zugleich als Anlaufpunkt und Treffpunkt fungieren, um von dort in die vielfältigen dezentralen Programme der Berlin Art Week zu starten oder einen Tag voller Kunsterlebnisse bei DJ-Sets und einem Getränk ausklingen zu lassen.
Woher kam eigentlich das Bedürfnis, das Programm dieses Jahr so umfassend neu zu konzipieren?
Da muss ich ein wenig ausholen. Die Grundidee der Berlin Art Week ist es ja, die einzelnen Institutionen und Protagonist*innen der Stadt zusammenzubringen, die Programme zu bündeln und dieses unglaublich produktive Netzwerk in seiner Bandbreite zu zeigen. Und das soll auch dieses Jahr so sein. Doch je etablierter die Berlin Art Week wurde, desto mehr haben wir uns gefragt, was eine solche Veranstaltung im Gefüge der Stadt bedeutet. Für wen wird sie eigentlich gemacht? Wen erreicht man damit? Wer wird angesprochen und wer nicht? Unser Ziel ist es, möglichst viele Menschen zu erreichen, neue Angebote zu schaffen und einen Ort zu kreieren, an dem man ins Gespräch kommen kann. Wir wollen Brücken bauen, Kunst und Leben verknüpfen.
Wie kam die Entscheidung für diesen konkreten Ort in Neukölln?
Wir wollen dorthin, wo man ein städtisches Gefüge vorfindet, das über den Kunst- und Kulturbetrieb hinausgeht. Wir wollen mitten in einem Kiez sein. Aber es wäre eben auch nichts schlimmer, als sich wie ein Ufo für fünf Tage irgendwo hineinzusetzen und dann wieder zu verschwinden. Deswegen ist es wichtig, sensibel vorzugehen. Bei der Entscheidung für das Gelände im Rollbergkiez hat eine große Rolle gespielt, dass dieser Ort eine gewisse gesellschaftliche Vielfalt abbildet und in konstanter Bewegung ist. Zudem sorgt die Nähe zum Kindl—Zentrum für zeitgenössische Kunst dafür, dass es eine lokale Anbindung an den Kunstbetrieb gibt und wir insofern nicht völlig losgelöst sind. Die temporäre Architektur entsteht in Zusammenarbeit mit der Künstlerin Sol Calero. Calero schafft Konstruktionen, die zu Orten der Begegnung werden können—›Kontaktzonen‹ nennt die Künstlerin das. Konkret handelt es sich um eine Art Pavillon sowie einen großen Gemeinschaftstisch. Für uns war wichtig, diese Dinge nicht neu in Auftrag zu geben. Teile der Architektur bringt die Künstlerin aus anderen Kontexten mit. Nachhaltigkeit spielt hier eine große Rolle.
Worauf freust du dich als Kunstvermittler*in besonders im Hinblick auf den ›BAW Garten‹?
Wie man sich vorstellen kann, waren Vermittlungsprogramme und Führungen das erste, was während der Phase der Kontaktbeschränkungen eingestellt, und das letzte, was danach wieder aufgenommen wurde. Zoom-Führungen haben schon auch ihren eigenen Charme, so entkoppelt vom Körperlichen, wie sie sind. Aber es geht dann eben doch viel verloren. Worauf ich mich also besonders freue? Auf das Programm des ›BAW Garten‹, das wir in unserem Team konzipiert haben, auf Begegnungen und die gemeinsame körperliche Anwesenheit an einem Ort, an dem man locker miteinander in Kontakt treten kann—draußen und unter freiem Himmel, in einem Garten eben.
Die 10. Ausgabe der Berlin Art Week lädt mit ›Explore Berlin Art Week‹ zu Workshops, Veranstaltungen, Performances, Touren und zum gemeinsamen Austausch im ›BAW Garten‹ ein.