Woran arbeiten Sie aktuell—und was reizt oder fordert Sie daran besonders?
Momentan bin in den letzten Zügen der Vorbereitung meiner Ausstellung ›Paradies‹ in der Stiftung Kunstforum Berliner Volksbank. Zum ersten Mal bin ich auch Kurator und stelle eigene Arbeiten, die sich mit der Transformation von öffentlichen Räumen auseinandersetzen, von mir ausgesuchten Stadtlandschaften aus der Kunstsammlung der Berliner Volksbank gegenüber. Das ist für mich als geborener Berliner natürlich ein ganz besonderes Projekt, da viele dieser Bilder einen starken Berlin-Bezug haben und den Wandel der Stadt während der Teilung und danach eindrücklich widerspiegeln.
Gibt es ein tägliches Ritual, das Ihnen Struktur oder Inspiration gibt?
Mein tägliches Ritual besteht darin, morgens, bevor ich mit der Arbeit im Atelier beginne, etwa eine halbe Stunde lang Nachrichten zu lesen—das hilft mir, in den Tag zu kommen. Grundsätzlich versuche ich, meinen Alltag so strukturiert wie möglich zu gestalten: In der Regel starte ich unter der Woche gegen 10 Uhr mit der Arbeit und bin spätestens um 19 Uhr wieder zu Hause—ganz ähnlich wie bei einem klassischen Bürojob. Wenn es nicht unbedingt nötig ist, gehe ich am Wochenende nicht ins Atelier. Ich brauche dann diese beiden Tage Abstand, und da ist dann Zeit für Familie und Freunde. Für den Fall, dass ich mal nicht weiterkomme, habe ich mir vor dem Studio einen Basketballkorb angebaut, an dem ich mich abreagieren kann um den Kopf freizubekommen—danach geht es dann meistens wieder weiter.
Welche Musik begleitet Sie, wenn Sie sich fokussieren oder in Ihr kreatives Schaffen zurückfinden möchten?
Ich bin Anfang der 90er in der der Berliner Clubszene groß geworden, insofern läuft bei mir immer noch viel Techno. Das wechselt aber auch immer wieder mit Radio, Features und Podcasts. Bis vor kurzem hätte ich mir nicht vorstellen können zu arbeiten ohne dass irgendetwas läuft, aber mittlerweile gibt es auch Tage, an denen ich beim Malen gar nichts höre und das auch als sehr wohltuend empfinde.
Gab es ein Buch, das Ihre Sichtweise nachhaltig verändert hat—und warum würden Sie es weiterempfehlen?
T. C. Boyles ›América‹—das habe ich vor 20 Jahren zum ersten Mal gelesen und nun vor einiger Zeit noch einmal. Das Buch ist aktueller denn je, insbesondere im Hinblick auf die Debatten über Migration und die sozialen Folgen von Ungleichheit.
Welches Kunstwerk hätten Sie gern bei sich zu Hause?
Ich hätte sehr gerne eines dieser großartigen kleinen Porträts von Lucian Freud, die er Ende der 40er Jahre gemalt hat.
Welcher Ausstellungsort in Berlin inspiriert Sie?
Ich besuche immer wieder gern Das Minsk in Potsdam—schon allein, weil es eindrucksvoll zeigt, wie man verantwortungsvoll mit dem architektonischen Erbe der Ostmoderne umgehen kann. Das lange leerstehende Gebäude wurde nicht nur behutsam rekonstruiert, sondern auch in einen Ort der Begegnung verwandelt. Zuletzt habe ich dort die Arbeiten von Noah Davis gesehen—eine echte Entdeckung für mich. Jetzt freue ich mich auf die Ausstellung ›Wohnkomplex—Kunst und Leben im Plattenbau‹, kuratiert von Kito Nedo, die parallel zur Berlin Art Week eröffnet wird und in der ich auch mit zwei Arbeiten vertreten bin.
Gibt es einen Gegenstand, der Sie begleitet und ein Stück Ihrer Identität widerspiegelt?
Ich habe im Atelier einen alten Couchtisch, der noch zum Inventar meines Studentenateliers im Monbijoupark gehörte. Der zieht seit 25 Jahren immer wieder mit mir um und ist inzwischen schon völlig wackelig und zerkratzt, aber irgendwie fester Bestandteil meiner Arbeitswelt.
Was motiviert Sie, auch in Momenten des Zweifelns weiterzumachen?
Der Gedanke, dass man nur über das Machen weiterkommt. Wenn man feststeckt, ist es wichtig, einfach trotzdem dranzubleiben und weiterzumachen, irgendwann löst sich das. Mit der Erfahrung kommt dann die Erkenntnis, dass man davor keine Angst haben muss und Zweifeln auch zum Prozess gehört.
Mit welcher Persönlichkeit würden Sie gern ein Gespräch führen—und worüber würden Sie sprechen?
Ich würde gern mit Ruben Östlund sprechen, und ihn fragen, wie es ihm gelingt, in Filmen wie ›The Square‹ und ›Triangle of Sadness‹ solch eindrucksvolle Bilder zu finden, die seinen bitterbösen und zugleich unterhaltsamen Kommentar zum Zustand unserer westlichen Gesellschaft auf so eindrucksvolle Weise transportieren.
Worauf freuen Sie sich, wenn ein Arbeitstag zu Ende geht?
Auf meine Familie.