Neue Galaxien

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© SPB / Foto: Natalie Toczek
© SPB / Foto: Natalie Toczek

Die Programmreihe ›The New Infinity‹ der Berliner Festspiele findet dieses Jahr zum ersten Mal im Zeiss-Großplanetarium in Berlin-Prenzlauer Berg statt. Das Gebäude, das unter anderem von den beiden Künstler*innen Caterina Barbieri und Ruben Spini bespielt wird, hat eine lange und bewegte Geschichte

Obwohl die 1846 in Jena gegründete Firma Zeiss Planetarien in alle Welt verkaufte, hat es bis 1987 gedauert, bis im Berliner Prenzlauer Berg ein Zeiss-Großplanetarium entstand. Es sollte einer der letzten großen Repräsentanzbauten der DDR werden. Etwa zwei Jahre später war das Land, in dem es errichtet wurde, Geschichte.

Auf dem Gelände des Planetariums befand sich früher einmal die IV. Berliner Gasanstalt. Erst Anfang der 1980er-Jahre wurde sie abgerissen. Der dort nun geplante Ernst-Thälmann-Park, zu dem auch das Zeiss-Großplanetarium gehört, war als bewohnter Park geplant—ein Prestigeprojekt der DDR. Das Zeiss-Großplanetarium sollte die um den Park herum angesiedelten Gast- und Kulturstätten um eine große und strahlkräftige Einrichtung ergänzen.

Tim Florian Horn ist seit 2013 Leiter des Zeiss-Großplanetariums und kennt sich mit der Entstehung und Geschichte seines Hauses bestens aus. Die in der Mitte thronende Kuppel aus Schalenbau und Spritzbeton sei damals das innovativste gewesen, was Architekt Erhardt Gißke in der DDR aufbieten konnte, erklärt er. Das Planetarium sollte einer Galaxie gleichen mit einem »großen Kern in der Mitte, umgeben von Spiralarmen«, die bis heute vielfältig genutzt werden. Dabei wurde das Zeiss-Großplanetarium von Anfang an multifunktional konzipiert: Das große Foyer eignet sich gut für Ausstellungen, neben der großen Sternenkuppel gibt es noch einen Kinosaal, ein Restaurant, eine Bibliothek und mietbare Clubräume.

Foyer im Zeiss-Großplanetarium. © SPB / Foto: Natalie Toczek
Foyer im Zeiss-Großplanetarium. © SPB / Foto: Natalie Toczek

Planetariumssaal mit Sternprojektor und Projektion. © SPB / Foto: Natalie Toczek
Planetariumssaal mit Sternprojektor und Projektion. © SPB / Foto: Natalie Toczek
Luftaufnahme vom Zeiss-Großplanetarium. © SPB / Foto: Natalie Toczek
Luftaufnahme vom Zeiss-Großplanetarium. © SPB / Foto: Natalie Toczek

Thomas Wilfred, Opus 161, 2020. © Berliner Festspiele/Immersion, Foto: Matthias Völzke
Thomas Wilfred, Opus 161, 2020. © Berliner Festspiele/Immersion, Foto: Matthias Völzke
© Berliner Festspiele/Immersion, Foto: Matthias Völzke
© Berliner Festspiele/Immersion, Foto: Matthias Völzke

Renovierungsarbeiten von 2014 bis 2016 haben dem in offenem Gelände stehenden Planetarium zu neuem Glanz verholfen. Der Eingangsbereich wurde saniert, die Technik im Kino und Planetarium wurden erneuert. Vor allem der neue Sternprojektor und die Umstellung auf digitale Projektion ermöglichen nun ein noch intensiveres, immersives Erleben. »Alle Gäste halten inne, wenn man ihnen die Sterne zeigt«, sagt Horn stolz.

Für die Zukunft hat Horn an diesem geschichtsträchtigen Ort noch größere Ideen. Aus dem »traditionellen Sternentheater«, wie er es nennt, soll ein »Wissenschaftstheater« werden. Geologie, Biologie, Medizin oder Informatik—die Kuppel des Zeiss soll für möglichst viele Wissenschaftsgebiete genutzt und bespielt werden. Eine fortschrittliche, digitale Immersionstechnik mit einer 360-Grad-Projektion böte hierbei mannigfaltige Ausdrucksmöglichkeiten. Vor allem aber soll die Kuppel für medienkünstlerische Arbeiten geöffnet werden—denn Künstler*innen wagen sich in Umlaufbahnen, die vorher noch keiner erkundet hat.

BERLINER FESTSPIELE/IMMERSION
The New Infitity. Neue Kunst für Planetarien
11—13 SEP 2020
Screenings Sa—So 14—23.45 Uhr

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