Via Lewandowsky

von 
Selbstauslöser, 2025 © Via Lewandowsky

Via Lewandowsky über sein bevorstehendes Ausstellungsprojekt, Musik als Schutzraum und warum er die Berliner Gemäldegalerie für einen magischen Ort hält.

Woran arbeiten Sie aktuellund was reizt oder fordert Sie daran besonders?
Ein Ausstellungsprojekt für die Stiftung Kunstforum Berliner Volksbank braucht jetzt gerade meine volle Aufmerksamkeit. Es ist seit langem wieder einmal ein Vorhaben, das die sehr unterschiedlichen Ebenen meiner Arbeit vereint. Ausgangspunkt dabei ist die Kunstsammlung der Berliner Volksbank, die durch mich eine künstlerische Überformung und neue Impulse erhält. Dabei habe ich Freiheiten, die kein Kurator oder Ausstellungsmacher hat, da ich aus meinem künstlerischen Kosmos die Dinge betrachte und anordne.

Gibt es ein tägliches Ritual, das Ihnen Struktur oder Inspiration gibt?
Nein, ich konnte mich leider nie zu dieser eisernen Disziplin durchringen, ein Glas Essigwasser zu trinken oder eine Runde Yoga nach dem Aufstehen zu machen. Jeder Tag ist anders, ist eine neue Black Box. Mal springe ich und mal krieche ich auf allen Vieren aus dem Bett. Dabei bin ich selbst die größte Überraschung mit jedem neuen Tag für mich.

Welche Musik begleitet Sie, wenn Sie sich fokussieren oder in Ihr kreatives Schaffen zurückfinden möchten?
Musik ist tatsächlich ein besonderer Schutzraum beim Arbeiten geworden. Ob Klassik oder Elektro, es hilft mit einer bestimmten Musik, mit bekannten Sounds immer wieder an die gleichen Orte des Denkens zurückzukehren. Was da neurologisch passiert, ist mir bisher nicht wichtig gewesen, es funktioniert und ist für mich nur schwer durch andere Techniken, die ich auch durchaus anwende, zu ersetzen.

Gab es ein Buch, das Ihre Sichtweise nachhaltig verändert hatund warum würden Sie es weiterempfehlen?
Das eine Buch gibt es nicht, aber es gab und gibt immer wieder Phasen, in denen ich für ein bestimmtes Buch gebrannt habe und brenne. Eines der ersten Bücher in der Jugendzeit, das mein Denken nachhaltig geprägt hat, war ›Animal Farm‹ von George Orwell und erst vor einigen Jahren habe ich die Quellenbeschreibung dazu gelesen: ›Die Moskauer‹ von Andreas Petersen. Dieses Buch hat mir den Boden unter den Füßen weggezogen. Dabei hätte ich gewarnt sein müssen nach Büchern wie ›Alles umsonst‹ von Walter Kempowski.

Welches Kunstwerk hätten Sie gern bei sich zu Hause?
Den ›Glückspfennig aus Buchenwald‹ von Andreas Slominski.

Welcher Ausstellungsort in Berlin inspiriert Sie?
Momentan ist die Gemäldegalerie ein magischer Ort für mich. Äußerlich ist das Gebäude am Kulturforum ein leeres Versprechen wie so viele Ideen der Neunziger Jahre. Betrete ich aber das Innere, natürlich nur wenn der Gang durch das Foyer überstanden ist, dann stehe ich auf einer großartigen Bühne für Kunstgeschichten. Hier finden Ausstellungen statt, die in anderen Städten Warteschlangen und den Ausverkauf im Vorverkauf zur Folge hätten. In Berlin ist man ganz ungestört, oft sogar allein mit dem Aufsichtspersonal und hat diese unfassbaren Schätze nur für sich.

Gibt es einen Gegenstand, der Sie begleitet und ein Stück Ihrer Identität widerspiegelt?
Den gibt es sicherlich, aber was auch immer dieser Gegenstand sein könnte, er hat sich mir noch nicht gezeigt. Ich könnte natürlich an dieser Stelle eine tolle Geschichte eines Gegenstandes erzählen, der irgendwann in mein Leben getreten ist und mich seither begleitet. Aber auch diese Dinge kommen und gehen wieder. Die im Krieg durchschossene Taschenuhr, der gegen Kaugummis eingetauschte Schrumpfschädel eines verrückten Onkels, der Nagel, der das kindliche Auge traf und erblinden ließ, gibt es nicht. Nur in Gedanken sind sie alle da und da ist es immer mal wieder ein anderer Gegenstand.

Was motiviert Sie, auch in Momenten des Zweifelns weiterzumachen?
Ahnungslosigkeit. Auch wenn Karl Popper sagt: ›Optimismus ist Pflicht‹, halte ich es eher mit Heiner Müller und seinem ›Optimismus ist Mangel an Information‹.

Mit welcher Persönlichkeit würden Sie gern ein Gespräch führenund worüber würden Sie sprechen?
Mit Kevin, Stuart und Bob von den Minions würde ich gern mal reden. Aber sonst bin ich in dem Punkt wunschlos glücklich. Ich bewahre mir gern den großartigen Schein von bedeutenden Persönlichkeiten und muss sie nicht unbedingt näher kennenlernen.

Worauf freuen Sie sich, wenn ein Arbeitstag zu Ende geht?
Auf den Schlaf, auf das Aufwachen am nächsten Tag, auf neue Ideen, Gespräche …

 

 

DAS KÖNNTE IHNEN AUCH GEFALLEN