Woran arbeiten Sie gerade?
Im Moment bin ich in Düsseldorf und installiere meine Arbeit ›Sokol Terzin‹ (2023) in der Konrad Fischer Galerie. Es ist eine Film- und Klanginstallation mit zwei Bildschirmen, die ein bestimmtes Gebäude mit Klang erkundet und sich mit Themen von Abwesenheit und Verlust auseinandersetzt. 2012 habe ich eine Arbeit für die Documenta 13 gemacht, die eine Komposition von Pavel Haas dekonstruiert, die er unter Zwang in einem Propagandafilm mit dem Titel ›Theresienstadt‹ aufführen musste. Für diese neue Arbeit habe ich Terezín besucht und den Ort gefunden, an dem das Konzert ursprünglich aufgeführt wurde. Das Gebäude ist sehr evokativ und bewegend, mit vielen Räumen, Treppenhäusern und dunklen Kellern. Ich habe meine Klanginstallation im gesamten Gebäude platziert und dessen Akustik genutzt. Die Filmcrew betritt das Gebäude und folgt dem Klang, der aus diesen leeren Räumen kommt, bis beide Kameras schließlich im Keller landen, der sehr atmosphärisch ist. Ich freue mich sehr, die Arbeit nun zum ersten Mal in Deutschland zu zeigen.
Was lesen oder hören Sie gerade?
Ich habe gerade ›The Italian Girl‹ von Iris Murdoch fertiggelesen. Ich habe das Buch mit in meinen Urlaub nach Italien genommen, aber es stellte sich heraus, dass der Roman im Norden Englands spielt, haha! Ich habe ihn in dem wunderbaren Buchladen The Curious Fox in Kreuzberg gekauft. Es war eines von etlichen Büchern aus der Privatbibliothek der Künstlerin Dorothy Iannone , die sie nach ihrem Tod gekauft haben. Manche von ihnen enthalten Kritzeleien und kleine handgeschriebene Notizen der Künstlerin. Wundervoll!
Was braucht es für gute Kunstvermittlung?
Ich glaube, es ist richtig, mit gutem Beispiel voranzugehen. Ich glaube auch, es ist gut, Möglichkeiten zu schaffen, international auszustellen. Letztes Jahr haben meine Studierenden und ich an der Manifesta 14 in Pristina teilgenommen und mit Studierenden aus Pristina kooperiert Nächstes Jahr werden wir mit der Glasgow School of Art kooperieren und am Glasgow International Festival of Art teilnehmen. Inspiriert von Jean Cocteaus Film ›Orpheus‹, werden wir eine Serie von Klangarbeiten vom Glasgow International Hub per Radio an einem Parkplatz in der Stadtmitte senden.
Haben Sie ein Lieblingsgebäude?
Ich habe nie wieder so ein Gebäude wie Louis Kahns National Assembly Building in Dhaka, Bangladesch, gesehen. Es ist unglaublich schön. Der Unterschied zwischen innen und außen ist faszinierend. Er verwendet Licht und Materialien, um etwas, das brutalistisch und monumental sein sollte, in etwas zu verwandeln, das warm und einladend ist.
Wen würden Sie gerne einmal kennenlernen?
Ich hätte so gern Charlie Chaplin kennengelernt. Er war so ein unglaublicher Mensch. Und ich bin sicher, er wäre ein hervorragender Abendessensgast. Ihn gibt es nicht noch einmal. Ich würde auch sehr gern James Joyce, Hanns Eisler und Rosa Luxemburg zusammen zum Abendessen einladen. Ich bin sicher, sie würden sich blendend verstehen.
Haben Sie ein tägliches Ritual?
Täglich vor dem Frühstück mache ich 30 Minuten Pilates. Ich denke immer, vielleicht kann ich es heute mal auslassen, aber dann meldet sich mein Gewissen, und hinterher fühle ich mich immer besser.
Welcher Gegenstand darf nicht fehlen?
Traurig, das zu sagen, aber ich könnte nicht ohne mein Handy leben.
Was ist Nachhaltigkeit für Sie?
Auf unserem Planeten zu leben, ohne ihn noch weiter zu beschädigen.
Was wünschen Sie sich für Berlins Kunst- und Kulturlandschaft?
Ich habe immer gedacht, eine Organisation wie Artangel oder Creative Time würde ich Berlin auftauchen. Was Artangel für London und Creative Time oder Public Art Fund für New York machen, wäre auch für Berlin toll. Es gibt so viele interessante Räume in der Stadt und so viele interessante Künstler*innen, es wäre wahnsinnig toll, die in einem Programm für ambitionierte Kunstwerke im öffentlichen Raum zusammenzubringen.
Was machen Sie nach getaner Arbeit?
Ich bin eine ziemliche Filmeliebhaberin und ich finde, dass ein guter Film die beste Art ist, sich nach einem Tag im Atelier zu entspannen. Kürzlich habe ich Carl Theodoe Dreyers ›Ordet‹ (1955) gesehen, der fantastisch ist. Ich konnte gar nicht glauben, dass ich ihn nie zuvor gesehen hatte. Was für ein Ende!